Ich habe oft den Eindruck, dass die Frage „Wie meditiere ich richtig?“ meist die größte Hürde für viele Menschen darstellt. Es ist ja auch so, dass wir allein bei dem Begriff „Meditation“ doch ein ganz bestimmtes Bild im Kopf haben, oder? Wir denken an tibetische Kloster, an Stille und Abgeschiedenheit und sehen Mönche stundenlang in den unbequemsten Haltungen sitzen und meditieren, bei denen wir einen Krampf im Rücken bekommen würden, bestenfalls.
Doch wir müssen uns von dieser Vorstellung unbedingt lösen. Der Lotussitz mag in einer Kultur funktionieren, in der man bereits von klein auf darin geübt ist. Für uns Abendländische, die wir den größten Teil des Tages sitzend verbringen und unter chronischem Bewegungsmangel leiden, ist er jedoch eher weniger geeignet. Zumindest für die meisten.
Vorbereitung
Dein Meditationsplatz
Wenn du dich also entschlossen hast, wirklich regelmäßig, am besten täglich, zu meditieren, brauchst du einen Ort, an den du dich dazu zurückziehen kannst. Du brauchst also einen festen Meditationsplatz. Wer das Glück hat, sich eigens hierzu ein ganzes Zimmer einzurichten, super. Doch diese Möglichkeit werden eher wenige haben. Überlege also, wo du es dir in deiner Wohnung hierzu gemütlich machen könntest. Wichtig ist hierbei auch die Überlegung, ob du auf einem Kissen auf dem Boden oder vielleicht lieber auf einem Sessel, Stuhl oder auf dem Sofa meditieren willst.
Üblicherweise benutzt man ein Bodenkissen zum Meditieren, auf das man sich im Schneidersitz niederlässt, ohne Rückenstütze, oder, wenn dir diese Haltung Schmerzen bereitet, kannst du dich auch an eine Wand lehnen.
Falls dir das aber zu unbequem ist, möchtest du dich vielleicht lieber in einem Lieblingssessel niederlassen? Probiere am besten erst einmal unterschiedliche Haltungen aus. Wähle dann die, die dir am ehesten zusagt.
Du solltest dich beim Üben auf jeden Fall wohlfühlen können, das ist das Wichtigste. Wenn dich irgendetwas stört oder ablenkt, dann dient das nicht der Sache. Deswegen können wir uns in unserem Kulturkreis auch keine so strengen Regeln auferlegen wie in den asiatischen Ländern. Mach dich also vollkommen locker, erlaubt ist, was dir gefällt.
Wenn du dir deinen Meditationsplatz ausgesucht hast, dann kannst du ihn, wenn dir das gefällt, noch ein bisschen aufwerten. Vielleicht möchtest du einen besonderen Teppich hinlegen, auf den du dein Bodenkissen platzieren möchtest oder eine besondere Decke über deinen Sessel drapieren. Vielleicht möchtest du auch eine besondere Kerze kaufen, die du dann immer beim Üben anzündest oder ein schönes Poster oder Bild aufstellen, das deine Fantasie anregt. Wie gesagt, erlaubt ist, was gefällt.
Wann willst du meditieren?
Diese Überlegung ist tatsächlich wichtiger, als es auf den ersten Blick scheint. Ein Morgenmuffel und Langschläfer, der morgens erst einmal einen starken Kaffee braucht, um in die Gänge zu kommen, hat höchstwahrscheinlich keine Lust, morgens mit dem Sonnenaufgang aufzustehen und zu üben.
Genauso geht es jemanden, der abends schnell müde wird, aber eigentlich noch vor dem Zubettgehen seine Meditation unterbringen muss.
Passe deine Meditationszeit also am besten deinem Tages Rhythmus an. Bist du ein Frühaufsteher, der mit den ersten Vögeln erwacht? Dann ist der frühe Morgen wahrscheinlich die beste Zeit für dich. Wenn du aber eher eine Nachteule bist, die erst abends so richtig in Schwung kommt, dann solltest du wohl eher diese Tageszeit für dein Üben wählen.
Auf jeden Fall solltest du regelmäßig, wie gesagt, am besten täglich, das Meditieren üben und immer zur gleichen Tageszeit. Dein Körper wird sich unbewusst darauf einstellen und dir wird es auch leichter fallen, wenn du auf diese Weise ein kleines Ritual aus deinem Üben machst, einen festen Bestandteil deines Alltags.
Es geht los!
So, du hast alle Vorbereitungen getroffen. Du hast einen Meditationsplatz, du weißt, in welcher Haltung du üben willst, ob du eine Kerze anzünden willst oder nicht und du weißt, zu welcher Tageszeit du üben möchtest. Es kann also loslegen.
Alles, was du jetzt noch brauchst, ist dein Atem, mehr nicht. Ist das nicht wunderbar?
Mit der folgenden Anfänger-Übung wirst du erst einmal lernen, dich ganz bewusst auf deinen Atem zu konzentrieren. Dein Atem ist nämlich ein wunderbarer Anker, der dich immer und überall ganz einfach wieder ins Hier und Jetzt zurückholen kann. Beginne also mit deinem bewussten Atem.
- Nimm erst einmal deine gewählte Meditationshaltung ein und komme zur Ruhe. Komme ganz an deinem Meditationsplatz an.
- Konzentriere dich auf deinen Atem. Erzwinge hierbei nichts, sondern lass deinen Atem einfach fließen. Spüre, wie dein Atem ein- und wieder ausströmt. Spüre, wie sich beim Einatmen dein Brustkorb hebt, wie sich der Bauchraum weitet und wie beim Ausatmen sich die Bauchdecke und deine Brust wieder senken. Spüre, wie die Luft in deine Lungen strömt und auch deinen Bauchraum erfüllt.
- Ganz von selbst wird sich dein Atem verlängern und tiefer werden. Du brauchst gar nichts weiter zu tun, als weiter zu atmen und mit deiner Aufmerksamkeit ganz bei deinem Atem zu bleiben
- Immer wenn du merkst, dass deine Gedanken abdriften, schiebe sie beiseite und kehre wieder zurück zu deinem Atem. Du kannst in Gedanken beim Einatmen und auch beim Ausatmen gerne bis drei zählen, wenn dir das hilft, bei der Sache zu bleiben. Probiere es einmal aus.
- Bleibe ein paar Minuten bei deiner Achtsamen Atmung, dann recke und strecke dich, wenn du möchtest, kannst du auch gerne einmal herzhaft gähnen.
Das war schon alles, herzlichen Glückwunsch! Du hast zum ersten Mal meditiert!
Keine Angst, es ist völlig normal, wenn du die ersten Male das Gefühl hast, dich überhaupt nicht konzentrieren zu können und du ständig Gedanken beiseiteschieben musst. Mit der Zeit wirst du besser werden und es wird dir immer leichter fallen, dich zu entspannen und achtsam zu bleiben. Wie bei allen Dingen gilt auch hier: Übung macht den Meister!